Dienstag, 8. März 2011

Mit Funk wär das nicht passiert...

Derzeit trommelt die TK-Branche wieder kräftig nach Glasausbau. Zweifellos kann man mit diesem Siliziumdioxid sehr viel anstellen, wenn es denn an beiden Enden zugänglich ist. In der Regel bewerben die "Großen" einen Glasfaserausbau. Tatsächlich knüpft z.B. die Telekom nur ihre Schaltverteiler zusammen und Breitbandkabelanbieter ihre Wohnparks. In Anteilen gerechnet, könnte jede POF-Strecke in der Wohnung des Teilnehmers die "Glasfaser"-Quote der Gesamtstrecke vervielfachen.

Es mehren sich die Projekte, in denen die Glasfaserstrecken nicht einmal 1/10 der neu geschaffenen Infrastruktur erreichen. Man nennt das dann FttC (Fibre to the Curb), FttB (Fibre to the Building) oder FttABtC (Fibre to Anything but the Customer). Die wenigen "Lichtblicke", bei denen tatsächlich der Teilnehmer Glas beim Leuchten zusehen kann, sind auf abzählbare Haushalte begrenzt. In den Berichten des Branchenverbandes Breko liest sich das dann so: "Mittlerweile nutzen bereits vier von 60 Kunden diesen schnellen Internetzugang. Die anderen 54 Bauplätze sind noch nicht bebaut."

Die Branche bremst sich hier selbst aus, denn die Diskussion, Glasfaser auszubauen, hat gerade in der jetzt stattgefundenen/stattfindenden Breitbandförderung in den Köpfen der Breitbandberater und Kommunen oft dazu geführt, der Telekom den Vorrang einzuräumen. Wurde ein Schaltverteiler allerdings erst einmal mit Glasfaser angebunden, bleibt die Infrastruktur wieder auf dem letzten Meter des Monopolisten im Kupferzeitalter. Zudem lohnt der weitere Markteintritt für entsprechendes Investment in Glasfaser um so weniger. Der ganze Aufschrei nach Glas hat der Branche enorme Stolpersteine bereitet.

Daher wendet man sich nun den Stadtwerken zu und erwartet von dort Investitionen. Mit kleinen Piloten wagen sich diese nun ins unbekannte Terrain und erleben dass die Akzeptanz eine andere, als bei Wasser und Strom ist. Das könnte man auch Kurztrip in die freie Marktwirtschaft nennen. Voll von Erlebnissen und Erkenntnissen kehren diese dann nach Hause zurück.

Kabeltrassen - so meint man ja oft - sind ein sicheres Investment und können daher viele Jahre in der Zukunft noch Rendite einspielen. Zudem sollen sie ausfallsicherer sein. Tatsächlich ist die Nutzungsdauer von Leitungsinfrastruktur und deren (Sonder-)Abschreibungen technologiegetrieben. Dabei geht es nicht nur um Kabel in der Erde und deren Verlegungs- und Erhaltungsaufwand (Beschädigungen, Sabotage etc.), sondern um die Anschlusstechnik selbst, ob es sich nur um Leitungsverstärker oder Übergabepunkte handelt, die dann in mehr oder weniger umfangreichen Containern oder kleinen Bauwerken installiert werden. Stromversorgungen, USV, Klimatisierungen etc. ergänzen das Invesitionsportfolio. 20 Jahre in die Zukunft zu blicken, erscheint sehr vermessen. Möglicherweise wird die Leitungstrasse dann von einer Straße, Eisenbahn oder anderen Baumaßnahmen berührt, die kostenträchtige Änderungen nach sich ziehen. In vielen Städten fordern schon heute Rückbauprogramme in Wohnanlagen zur Neuverlegung von Teiltrassen. Mehr als 10 Jahre kommen für den Investor wohl kaum in Betracht, für Aktivkomponenten deutlich weniger.

Dabei muss man nicht nur in die Zukunft prognostizieren, sondern kann gern die Geschichte bemühen. ARCOR wurde z.B. 1997 zum Inhaber der DB-Leitungsinfrastruktur, die hauptsächlich neben den Bahnkörpern verlegt war. Die Umwidmung von Grundstücken und deren Verkauf konnte die Aufwände zur Neutrassierung nicht decken, insbesondere außerhalb der Ballungsgebiete. Kabelbau ist keine sichere Investition in die Zukunft. Die Abschlusstechnik besitzt klassische Reinvestitionszyklen.

Auch Vermutungen in Redundanz oder Sicherheit der Anlagen (weil im Erdreich verborgen) sind nur teilwahr. Zwei DSL-Anschlüsse an einem Ort sind alle andere als ein redundantes Anschlusskonzept. Letztlich ist es vergleichbar mit einem Stromausfall, bei dem es auch keine Rolle spielt, ob der Vertrag mit dem regionalen Versorger oder einem "Billigstromanbieter" getroffen wurde.

Daher ist der Aufschrei, Glasfaser zu nutzen, also zu verlegen und aufgrund der mäßigen Armotisierungserwartung wenigstens 30 Jahre zu betreiben, ein hochriskantes Unternehmen und lohnt nur dort, wo entsprechende Refinanzierung zu erwarten ist. Dass die Menschen in Deutschland wenig Interesse haben, mehr als 30 EUR im Monat auszugeben, macht die Sache noch viel spannender.

Natürlich misst die Politik gern Wertverlust gegen Aktivität und Arbeit auf. Sachsen-Anhalt z.B. baute Flughäfen und Stadien, die gar nicht benötigt wurden und kämpfte ab Bauabnahme mit deren Erhalt - ein andere Art der Arbeitsbeschaffung.

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