Donnerstag, 17. September 2009

Nach dem Wahltag ist Zahltag - auch beim Breitband.

Es ist die Ruhe vor dem Sturm.

Prolog

Dreieinhalb Jahre Schauspiel mit überwiegend heiterem Inhalt liegen hinter Deutschland. Im Mittelpunkt die eigene Schuld, dergleichen Dummheit, Leichtsinn oder Eitelkeit, durch Mißverständnisse oder Irrungen in gefahrlose Konflikte geraten, doch scheinbar glücklich geendet? So zumindest definiert sich eine Komödie und so meint man, haben wir die Krise überlebt. Endlich auch beim Breitband.

Die Breitbandinitiative strotzt vor Millionen aus dem Konjunkturpaket II und Minister zu Guttenberg zieht eine "positive Zwischenbilanz der Breitbandstrategie". Nochmal gut gegangen.

1. Akt - die Eitelkeit

Daß die Telekom nicht mehr ausbaut, ist mit Geheimnis nicht mehr zu umschreiben. Vereinzelte Teenies, die zu Hause noch ein Plakat vom Herrn Obermann an der Wand haben, gieren nach Videodownload über 50 Mbits auf einer VDSL Line. Es klingt inzwischen schon fast nostalgisch, daß man diesem Hype erliegen konnte, denn die Realität sieht anders aus.

"Die bisherigen Ausgaben für den VDSL-Ausbau seien sehr verlustreich und für die Eigenkapitalgeber [ der Dt. Telekom ] völlig unzumutbar, da sie sich über Jahre hinaus nicht rechnen. Die Kunden seien offenbar nicht bereit, den notwendigen Preisaufschlag für Bandbreiten über 16 MBit/s zu zahlen.", meinen nüchtern die Analysten von Sal. Oppenheim.

Die Strategie, durch mehr Leistung höhere Gebühren einzufordern, ist damit gescheitert. Es wird Zeit, auch ohne diese Geste mehr zu verdienen. Als erstes Signal erkennt man die kostenpflichtige Bereitstellung des VDSL-Zugangsgerätes für immerhin 5 EUR mehr pro Monat.


2. Akt - der Leichtsinn

Vermutlich zum Schutze der Wahl in Deutschland wurden im Zentrum der Europäischen Macht die Mühlen etwas langsamer gemahlen, auch etwas leiser. Gemahlen wird unter anderem gerade an der VDSL-Regulierung.

Wo der Zugang über Kabelkanäle zu den grauen Kästen, die das DSL-Wunder erbringen sollen, nicht möglich ist, soll der Wettbewerber auch direkten Zugriff auf die reine Glasfaser der Telekom erhalten. Diese und weitere Sondereingriffe in die interne Netzstruktur der Telekom wird ihr Netz weiter destabilisieren und die Wartung verteuern. Wer heutzutage einen Blick in eine Hauptverteiler einer Großstadt wirft, wird mitunter statt einer sauberen Steckleistenanordnung ein Kabelwirrwarr vorfinden, das Schaltungen erschwert.

2009 besitzt die Telekom einen Marktanteil von knappen 50% im Breitbandmarkt, hält aber für alle (anderen) Wettbewerber die Infrastruktur in Betrieb, vor allem in ländlichen Gebieten, da dort in alte DSL-Technologie kein Wettbewerber investiert.

Leider wollen die von DSL-Verheissung und -Wollust geprägten - statt "nur" einen Breitbandzugang zu nutzen - auch mal die T-DSL-Achterbahn fahren, die noch vor wenigen Jahren als Fernsehwerbung hoch und runter lief, am liebsten aber beim Wettbewerb für weniger Geld. Die wenigen Achterbahnfahrer fahren dann auch ihren Anschluß per (oft illegalem) Downloadwahn ans Limit, besonders die noch wenigeren, die stolze Besitzer neuer Manneskraft, einem VDSL 50.000 sind.

Doch auch hier wird Leistung in Zukunft reduziert. Wer weniger bezahlt, soll auch wirklich weniger erhalten. Ab 100 GByte pro Monat wird nun auch bei der Telekom die Bandbreite gedrosselt.

Zu guter letzt stärkt die Gewerkschaft Verdi den Ruf nach Erhöhung der Anschlußmiete, die Wettbewerber der Telekom zahlen müssen. Es ist der Telekom nicht gelungen, die Mitarbeiter so schnell zu verlieren, wie ihre Kunden. Und so soll die Entscheidung der Bundesnetzagentur über die Anschlußmiete um 2 EUR Netto nach oben korrigiert werden.


3. Akt - die Dummheit

Die Bankenrettung kostet, das Konjunkturpaket II kostet und der Staat samt Pensionen kostet sowieso. Wir wissen, wir sind alle schuld. Wir rennen dem billigen und günstigen hinterher, um nachher festzustellen, daß wir letztlich gar nichts bekommen. Das beginnt bei der Geldanlage, wandert über Gammelfleisch und Kunstkäse und landet direkt beim Breitband.

Im Ergebnis hinterlassen wir der nächsten Generation dieses Jahr stolze 1,65 Billionen EUR neue Schulden. Dafür hätte man ganz Afrika ein Jahr finanzieren können (BIP) oder Madagaskar für 348 Jahre. Das muß bezahlt werden, gerecht natürlich. Und so melden sich auch schon die ersten Mehrwertsteuer-Experten und raten zu stolzen 25%.


Finale

Die Preise werden steigen, die Leistungen auf Ökonomie orientiert. Der Glanz des Breitband-Pop's ist verloschen. Weniger wird mehr sein - wer hätte das in Deutschland einmal gedacht.


Epilog

Und wo bleibt das ach so glorreiche WMAN? Es ist doch schon da. Wenn nicht, kommt es bereits auf völlig ökonomischen Pfaden. Und es ist sogar ökologisch abbaubar, sofern die ländliche Region doch noch vollständig "demographisch rückgebaut" wird.



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