Montag, 29. März 2010

Es bewegt sich was ...

So zumindest hat man den Eindruck, wenn man 10 Jahre Pressemeldungen zum Thema Breitband auf dem Land verfolgt. Zunächst waren es die Millionen an Investment, die jedes gut gestreute börsennotierte New Economy-Unternehmen versprach. Danach folgte der UMTS-Ausbau, der "alle" Problem zu lösen versprach. Es kam eine Nachfolgertechnologie WiMAX. Viele dieser Anbieter haben inzwischen nach eigenen Angaben den Netzausbau in Deutschland eingestellt (in Österreich ging die WiMAX Telecom 2009 sogar in Insolvenz). Nach einem kleinen HDSPA/HSUPA-Intermezzo, gibt es natürlich auch in 2010 wieder eine tolle Geschichte: LTE mit mehr Frequenzen soll helfen. Und es ist völlig klar, daß auch diesmal wieder jeder mediale Jünger glauben wird. Er schneidet einfach die neuen Ankündigungen aus der Zeitung und heftet sie über die älteren Artikel. Fertig ist der neue Schrein des baldigen Breitband. Und wer jetzt noch sagt, es hätte sich nichts bewegt, der muß doch blind sein. Voller neuer Hoffnung betet das Lager der Breitbandlosen den neuen Buchstaben entgegen: LTE.

Spannend für den ungläubigen offenbaren sich mit jeder Neuerung die Wahrheiten des überholten Zeitalters. Wer Ohren hat, soll hören. Da vernimmt man nach dem Scheitern, WiMAX wäre zu schwach in der Leistung, UMTS insgesamt zu latenzreich und weit vom flächendeckenden 2 Mbit/s-Ziel entfernt. Es ist nicht einfach, im lauten Vertriebsgeschrei mit bis zu 14 Mbit/s das a-Moll zu vernehmen. Und lauscht man ganz genau, so erkennt man bereits jetzt mögliche Probleme des LTE, das ja im Vergleich zum UMTS "alles richtig machen will". Da fragen Techniker, was passieren würde, wenn bei LTE "einzelne Nutzer sehr stoßweise arbeiten?"

Bei der Internetnutzung findet fast alles stoßweise statt. Jeder Klick auf einen Link fordert den Browser dazu auf, sofort alle Bestandteile der betitelten Webseite unverzüglich zu laden und anzuzeigen. Einzig Netradio oder bandbreitengeregeltes Videostreaming nutzen kontinuierliche Datenraten. Und genau damit soll LTE Probleme haben?

In drei Jahren werden wir wissen, was mit LTE machbar ist und wohin die Reise tatsächlich ging. Wird man sich dann noch an die Gründe, Zusammenhänge, Absehbarkeiten erinnern?

An einem klassischen Beispiel aus 1984 gemessen: In welchen Staaten führt Deutschland militärische Einsätze durch und mit welcher Begründung? Wie oft wurde im nahen Osten bereits durch die USA interveniert und aus welchem Grund?

Machmal will man nicht mehr wissen:
  • Wimax Probleme
  • UMTS Probleme
  • Konkurs Wimax
  • Landfrauen tagten zum Breitband-Thema
  • Montag, 22. März 2010

    Shutter Breitband

    Es war einer dieser ungemütlichen Abende, es stürmte, es war kalt und es roch nach Regen. Bei diesem Wetter sollte niemand draussen sein. Ich war unterwegs zu einem Termin. Ortschaftsräte erwarteten mich und wollten von mir eine Lösung, eine, in der ich mich auskannte. Seit Jahren wollten sie Breitband, doch sie wurden vertröstet. Wenn man auf einer Insel gefangen wäre, könnte man vielleicht fliehen. Doch bei der Breitbandproblematik gab es keine Flucht.
    Die zum Rathaus umgebaute Scheune diente als Besprechungsort. Am Eingang begrüßte mich bereits einer der Herren und steckte mir einen Zettel zu. Dann reichte er mir einen heißen Tee. Ich kostete. Es roch nach Zimt. Ich liebe Zimt. Ich liess mir die Verwunderung über den Zettel nicht anmerken, verbarg ihn in meiner Tasche und stieg die Treppen zur ersten Etage hinauf. Als ich die Tür zum Ratsaal öffnete, blickten mich erwartungsvoll neun Räte an. Keiner war, wie der andere. Das Alter war ebenso gemischt, wie die Kleidung oder deren Frisuren. Vertraut kam mir das vor. Hier war ich nicht beim Businessmeeting mit Kaffee und tollen Sprüchen gelandet, hier war die Wirklichkeit.
    Ich legte ab, stellt mich als Geschäftsführer eines riessigen Unternehmens vor, das im Grunde jeden Tag einmal Deutschland neu verkabeln könnte und blickte dabei selbst befriedigt in die neugierigen Gesichter der Anwesenden. Bei der Suche nach meiner Stichpunktliste kramte ich den Zettel hervor, den mir der Herr am Eingang steckte. Er war leer. Nur ein X fand sich in der Mitte. Was das wohl zu bedeuten hatte? Eine Schatzkarte? Geht es hier etwa um mehr, als gedacht?
    Nun, ich sprach also weiter vom Investment. Wir würden die bestehende Infrastruktur des Monopolisten mitnutzen, auch dessen Multifunktionsgehäuse und dann das Signal per Glas heranbringen. Mit jedem dieser Worte glänzten die Augen der Zuhörer um ein weiteres mehr. Ich hätte hinter mir einen Schrein mit drei grossen Buchstaben platzieren können. Es war fast wie eine Gruppenhypnose und ich war der Therapeuth. Für einen Augenblick lang fühlte ich mich selbst als Teil der Sitzung und betete wie in einem buddhistischen Kloster ständig wiederholend "dee ess ell". Und ich fühlte mich so gut dabei. In wenigen Jahren werden es die Konzerne und deren Produkte sein, mit denen wir den Dingen Namen geben, es sind dann die DTAG-Universitäten, Alcatel-Plätze und 1&1-Parks, DSL-Flüsschen oder 16.000er Türme. Ob es das war, was Moses mit dem goldenen Kalb meinte, als er vom Berg Sinai hinabstieg? Folgt der Zorn Gottes? Ich bot an, Fragen zu stellen.
    Die ersten Kritiker überzeugte ich souverän. Da wollte doch wirklich jemand wissen, ob wir das könnten, was die 39,95er Anbieter versprechen, und dies so bepreisen, wie es die 19,95er tun? Spannender wurde es, als mir jemand vorrechnete, daß allein die Leitungsmiete schon mit 10 EUR, die Multifunktionsgehäusenmiete und Bandbreite mit weiteren 10 EUR, beides Netto, doch bei 19,95er Tarifen Verlust einfahren würden? Aber auch hier halfen die Klassiker aller Argumente, nämlich die Stichworte Investoren und Fördergeld. Manchmal hilft auch Staatsregierung oder - wenn alle Stricke reissen - die Vorsible Bund.
    Doch plötzlich fühlte ich mich gar nicht mehr so sicher. Trotz der ausgestrahlten Souveränität fühlte ich mich als einer von ihnen. Was wäre, wenn hier wirklich noch alle Jahrhunderte auf Breitband warten müssten? Als ich wieder aufsah, blickte ich auf die weiten Felder der Gemarkung. Ich befand mich nicht mehr in dem Ratssaal, sondern auf einem Bauernhof. Mir wurde bewußt, warum ich hier rumstand. Ich wartete auf den Upload meiner Meldedaten. Es wirkt sicherlich entspannend, warten zu können, aber bei diesem Warten sitzt ständig ein kleiner nerviger Geist im Genick, der darauf pocht, gleich wieder an die Arbeit zu gehen, wenn denn endlich dieser Uploadbalken sein Ende fände. Ich blickte wieder auf das Papier, was ich in meiner Hand hielt, das Papier mit dem X.
    Wie die Firma benannt wäre, wollte der nächste wissen. Sein Blick ging in den Anschlag, als würde er mir eine Pistole in den Rachen stecken und bei einer unzufriedenen Antwort lässig abdrücken. Mit einem Pistolenlauf zwischen den Zähnen bringt man nur noch Vokale raus. "Äh" stotterte ich, "Äh-DSL". Doch der Typ ließ nicht locker. Ich hörte ein Entsicherungsgeräusch. Was soll das für eine Firma sein, meinte er. Daß ich neben meinen Ämtern noch eine Firma hätte, wüßte hier keiner. Ich solle die Karten auf Tisch legen, bohrte er immer stärker nach. Da erinnerte ich mich an die Schatzkarte und an das X. Es war kein Punkt auf einer Karte, es war eine Zehn. Zehn Ortsteile gehörten zu dieser Gemeinde. Einer fehlte. Ich konterte und fragte in die Runde, wo denn der Rest der Ortsvertretung geblieben sei. Dann drückte er wohl ab.
    Wir sind doch vollständig, klang mir noch im Ohr, dann sackte ich zusammen. Langsam wurde mir klar, wie ausweglos das alles schien. Wieso sollen wir jetzt das geradebiegen, was die da oben durch Förderung von Industriemonopolen verbogen haben? Die ständigen Nachfragen nach Breitband für 19,95 hatten mich an den Rand eines Nervenzusammenbruchs gebracht. Und ich habe mir einfach das erschaffen, was ich brauchte, einen Anbieter, der das leistet, was ökonomisch nicht möglich ist. Der zehnte Ortsrat war ich.

    Diese Geschichte ist natürlich fiktionalen Ursprungs.

    Montag, 1. März 2010

    Neue Marken braucht das Land

    Je einfacher, desto prägnanter. Sprachforscher und Neurologen haben schon seit Jahren festgestellt, daß sich Menschen Sachverhalte besser merken, wenn diese zum einen sehr stark vernetzt sind und zum anderen oft benutzt werden. Man streitet sich gern darüber, ob nun Englisch mehr Kreativität erzeugt, weil es darin weniger Worte gibt, die man aber durch ihre vielfachen Bedeutungen letztlich häufiger nutzt, oder ob es Deutsch mit seinen verschachtelten selbstzusammenbaubaren und fast beliebig anordbaren Wörten ist, bei dem der Sprecher schon zu Beginn des Satzes wissen muss, was er ausdrücken will. Man könnte schliessen, ein Englischmuttersprachler besitzt ein höheres Transportvermögen, er kann nämlich exakt dasselbe zu anderen Problemen sagen und damit schon kreativ wirken. Ein Deutscher ist rein sprachlich geradezu auf Kreativität und Planung angewiesen. Ein neuer Kontext erfordert von ihm, sich zunächst mit den dort völlig anderen Begrifflichkeiten auseinanderzusetzen. Wir waren also kulturell schon immer Planer und Schöpfer, mit dem zunehmenden Defizit, nicht nach links und rechts schauen zu können.

    Erst die angelsächsische (Angel steht für Engel) Ökonomie forderte von uns, immer mehr zu sparen - oder besser - immer mehr von uns preiszugeben. Die Spitze der kulturellen Dezimierung haben wir wohl dieses Jahr erreicht, denn erstmals heißen Firmen wie Buchstaben des Alphabets. Vermutlich wird es in Zukunft Brot vom B, Urlaub von R, Lebensmittel von E,L,N oder A geben. Altbackenes DSL gibts ja ab sofort von T.

    Während der Leser diese Entwicklung vielleicht als Grauen empfindet, könnt es sein, daß wir damit einen unerkannten Exportschlager an der Hand haben. Denn eine Sprache, die aus nur 27 Buchstabenwörten besteht, hat einen viel höheres Transportniveau. Jeder Satz könnte sofort in einem anderen Kontext genutzt werden und wär dort vermutlich sogar über alle Maßen kreativ.

    W S m w ?
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